Ein Walliser Literaturhaus für die Walliser Schriftsteller*innen?

Mit einem „Blick ins Tal“ stellte sich das neu gegründete Walliser Literaturhaus MEEL mit Leiterin Abigail Seran (in der Mitte, in die Kamera blickend) vor. (Foto: Kurt Schnidrig)

Das neue Walliser Kulturhaus stellte sich erstmals in Leukerbad vor. Mit einem „Blick ins Tal“ wollte man einen zweisprachigen Austausch der Schreibenden ermöglichen. Das Publikum gab sich zum Teil auch kritisch.

Das MEEL möchte den Walliser Schriftstellerinnen und Schriftstellern und ihrer Literatur eine neue Heimat bieten. MEEL bedeutet „Maison des écrivaines, écrivains et des littératures“. Das Meel wurde im Jahr 2022 gegründet und hat seinen Sitz im Schloss Monthey. Ist aber das MEEL vor allem ein Walliser Literaturhaus für Unterwalliser Autorinnen und Autoren?

Einige der Anwesenden aus der Oberwalliser Literaturszene äusserten sich verhalten kritisch. Gemäss Programmheft war vorgesehen, einen zweisprachigen Austausch innerhalb der Walliser Literaturszene zu präsentieren. Mit Ausnahme eines deutschsprachigen Textes, vorgetragen von Rolf Hermann, und eines Gedichtes desselben Autors, das zudem auch noch in französischer Übersetzung rezitiert wurde, waren unisono Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus der Romandie zu hören. Diese bedienten sich mit grosser Selbstverständlichkeit ihrer französischen Muttersprache und scherten sich keinen Deut um die angesagte Zweisprachigkeit.

Unterwalliser Schreibende wie Jérôme Meizoz, Céline Zufferey und Abigail Seran nahmen seitens der Romandie das Zepter in die Hand. Sie befleissigten sich an ihrer „table ronde“ keines einzigen Wortes in deutscher Sprache, scheuten sich aber keineswegs, das Dargebotene als repräsentativ für die gesamte Walliser Literaturszene darzustellen.

Mit ihrem „Blick ins Tal“ unterhielten sich die Schreibenden über die Chancen und Herausforderungen, die sich den Walliser Schriftsteller:innen bieten. Dabei wurden auch Themen wie die Zweisprachigkeit, wie die geographischen Eigenheiten oder die Nähe zum französischen oder zum deutschen Markt angesprochen.

Abigail Seran, die Leiterin des MEEL, stellte das neugegründete Walliser Literaturhaus in sagenhaft schnell gesprochenem Französisch dem Publikum vor, dessen Reihen sich mit zunehmender Dauer lichteten, verursacht insbesondere auch durch die Abwanderung der Literaturinteressierten aus dem Oberwallis. Ja, man wolle im Schloss Monthey einen weltoffenen Raum zur Verfügung stellen für Schriftstellerinnen und Schriftsteller in erster Linie aus dem ganzen Wallis, aber auch aus der übrigen Romandie, und sogar über die Landes- und Sprachgrenzen hinweg.

Das Walliser Literaturhaus will Unterstützung anbieten, dazu Förderung und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Schreibenden. Man wolle für Schriftstellerinnen und Schriftsteller ein Dach sein, damit sie sich als Schreibende nicht so alleine und einsam fühlen müssten, sagte MEEL-Leiterin Abigail Seran.

Auch kritische Stimmen aus dem Oberwallis waren zu vernehmen. Haben wir Oberwalliser eine wichtige Möglichkeit verpasst, dem Lesen und Schreiben eine vielversprechende Grundlage zu verschaffen? Haben Oberwalliser Schreibende im MEEL, angesiedelt im Schloss Monthey, überhaupt den Hauch einer Chance, mitzuwirken? Wird jemals das deutschsprachige Idiom im „Walliser Literaturhaus“ über eine angemessene Vertretung verfügen?

In einem Kurz-Interview für RRO bezieht Abigail Seran, die Leiterin des MEEL, Stellung zu einigen offenen Fragen. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig)

Text, Bild und Interview: Kurt Schnidrig