Sie arbeitet als Managerin, Coach und Fachberaterin. Nebenamtlich betätigt sie sich als Autorin und Songwriterin. Betty Seiler, gebürtig aus Steg und wohnhaft in Grächen, wartet mit Erzähltexten, Gedichten und Bildern auf. Die Sammlung möchte sie verstanden wissen als ein „Füllhorn verschiedenster Bereiche, zusammengeschnürt zu einer bunten Kraftquelle“. Heutzutage sind viele Menschen getrieben und unruhig, sie möchten das Glück erzwingen und verlieren dabei den Lebenssinn aus den Augen. Dem setzt Betty Seiler ihre Gedichte, Anekdoten, Lieder und Stimmungsbilder entgegen. „Es geht ums Sein, nicht ums Tun“, lautet ihr Credo.
Am Puls der Zeit. Seit einigen Jahren bereits bringt Betty Seiler ihre Gedichte und Texte zu Papier. Bevorzugt schreibt sie in Walliserdeutsch, hin und wieder übersetzt sie die Mundart-Texte auch ins Hochdeutsche, um mit ihren Songs, die sie selber zur Gitarre singt, ein breiteres Publikum zu erreichen. Sie wolle die Achtsamkeit der Menschen für die sie umgebende Welt schärfen, erklärt sie. Dabei scheue sie auch nicht zurück vor kritischen Fragestellungen. Warum gerät so vieles heutzutage aus dem Ruder? Dies ist nur eine der vielen Fragen, die sie beschäftigt und zu immer neuer Textproduktion antreibt. Sie setzt sich ein für die Erhaltung der Natur und fotografiert leidenschaftlich gerne. Dabei stellt sie beglückt fest: „Die Gedichte fallen mir zu. Zufall? Einfach so. Einfach im SEIN.“
Ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit. Die Songwriterin Betty Seiler schlägt in ihrem Buch durchaus auch kritische Töne an. Immer wieder bemängelt sie in ihren Texten die fehlende Menschlichkeit. Die Ursachen für die allgemeine Verluderung der wahren Werte ortet sie in der gesellschaftlichen Hierarchie. Die „Bosse“ sind es, die durch Ausbeutung, Erpressung und Manipulation ihrer Untergebenen auf maximale Gewinnoptimierung aus sind. Zuweilen nehmen ihre Texte gar klassenkämpferische Züge an. „Vielleicht braucht’s mal einen grossen Knall“, schlussfolgert die Autorin etwa in einem ihrer Gedichte.
Gegen den Zerfall von Werten. Viele Menschen leben am Leben vorbei – dies eine der Botschaften, die sich Betty Seilers Texten entnehmen lässt. Geltungsdrang, Gier und die ewige Jagd nach Status, Macht und Geld – dies ist es, was die heutigen Menschen in die Fremdbestimmung treibt. Dagegen bleiben Werte auf der Strecke wie die Offenheit, die Ehrlichkeit und die Nächstenliebe. Beim Schreiben erst werde sie sich ihrer Gedanken bewusst und gebe ihnen Raum und Entfaltung, verrät die Autorin. Nicht wenige Texte in Betty Seilers Buch verraten viel Gedankenarbeit, sie sind hinterfragend, ermutigend und zeugen von tiefer Dankbarkeit gegenüber dem Universum und dessen Schöpfer.
Ein Schöpfer, der führt und lenkt. Ein tief empfundenes Gottvertrauen ist die bestimmende Konstante in Betty Seilers Werk. Da ist einer, der uns den Weg zeigt und der allem einen Sinn verleiht. Immer wieder geht eine Tür auf, immer wieder zeigt sich Licht am Ende eines Tunnels. Die ewige Fragerei nach dem Morgen, nach der Zukunft, nach dem, was sein wird – sie bringt uns nicht weiter. „Quatschi, das Kopfkino“ verdirbt uns den Blick auf das Wahre, das Echte, das „Seelenflair“. In allem liegt ein tieferer Sinn verborgen. Was auf den ersten Blick hin als ein Unglück erscheint – eine Verspätung im Flugverkehr, eine Kündigung – das entpuppt sich nicht selten als eine glückliche Fügung, die ungeahntes und unerwartetes Glück freisetzt.
Das Glück stellt sich ein. „Ohne die Tiefe zu erleben, wüssten wir um die Höhenflüge nicht“, gibt sich die Liedermacherin Betty Seiler überzeugt. Der Weg, den wir gehen müssen, ist oftmals mit Steinen bedeckt, doch es gibt einen, der uns „Hirte“ ist und der uns den sicheren Weg zeigt hin zu echtem Glück. Echtes Glück beschert uns die „wahre Liebe“, die in uns allen innewohnt. „Wahre Liebe, lass sie raus, schenk ihr Freiheit“, heisst es in einem ihrer Songs. Echte Freundschaften sind selten im Leben, auch davon singt Betty Seiler in ihren Liedern. In guten Zeiten gesellen sich oftmals „Schönwetter-Freunde“ zu uns. Doch „wo sind sie, wenn es regnet, stürmt und schneit?“, fragt die Songwriterin in einem ihrer Songs, „und wer hält deine Hand, wenn deine Seele in dir weint?“ Auf der Suche nach dem Echten und Wahren ist die Natur uns Vorbild und Anker zugleich.
Die Natur als Lehrmeister. „Sich treiben lassen von Sturm und Wind“, sich so frei und ungebunden fühlen wie der Königsadler hoch oben in den Lüften – dies sind Metaphern, welche das im Titel formulierte „Einfach Sein“ illustrieren. Das Natürliche, das Einfache, das Ungebundene – das ist gleichzeitig auch das Vollkommene. Davon erzählen Betty Seilers Texte, sie ermutigen zur Selbstfindung, sie warnen vor einer Selbst-Sabotage und sie ermuntern dazu, die eigenen Talente freizusetzen.
Mutmachergeschichten. Was den Texten im Buch „Einfach Sein“ gemeinsam ist: Sie vermitteln die optimistische Botschaft, dass es immer irgendwie weitergehen wird, dass es zuweilen aber auch angezeigt ist, durch „Höllenschlunde“ zu gehen und „das Ego zu überlisten, das uns die Sicht versperrt.“ Was sich Betty Seiler mit ihren Erzähltexten, Gedichten und fotografischen Bildern jedoch vor allem erhofft? Sie hat es mir als Widmung ins Buch geschrieben: „Freude soll dieses Werk in dein Herz bringen! Zuversicht, dass alles seinen Sinn hat! Ich danke dir für deinen Zuspruch von Herzen, denn ohne diesen hätte es mir an Mut gefehlt.“
Text: Kurt Schnidrig
Literaturangabe: Betty Seiler: Einfach Sein. Buchverlag der Regionalzeitung Aletsch Goms AG, Fiesch. Februar 2020, 87 Seiten.