Mit seinen „Gommer Romanen“ hat sich der Psychiater und Schriftsteller Kaspar Wolfensberger im Oberwallis einen Namen geschaffen. Seine zweite Heimat sei das Goms, sagt er. Seine Jugendzeit jedoch hat Wolfensberger hoch über dem Zürichsee verbracht, in Rüschlikon, in einem alten Riegelhaus. Lange vor Wolfensberger verbrachte der deutsche Komponist, Pianist und Dirigent Johannes Brahms ein Jahr seines Lebens im gleichen Haus. Das war im Jahr 1874. Johannes Brahms war 1833 in Hamburg geboren und 1897 in Wien gestorben. Während seines Aufenthalts im Hause des späteren Besitzers Kaspar Wolfensberger scheint Johannes Brahms wichtige Erinnerungsstücke zurückgelassen zu haben, darunter eine geheimnisvolle Kommode. Die sogenannte „Brahmskommode“ enthält einen reichen Fundus an Schriftstücken und Dokumenten, die nun den Autor Kaspar Wolfensberger zu einem historischen Roman veranlasst haben. Es ist dies ein Roman vor allem über die Kultur und Musik des 19. Jahrhunderts, aber auch über jene Zeit, als bei uns die ersten Eisenbahnlinien gebaut wurden und die Telefonie aufkam.
Der Roman „Die Brahmskommode“ ist mehr als eine Biographie über den Musiker Johannes Brahms. Autor Kaspar Wolfensberger verbindet darin die Geschichten von Menschen aus jener Zeit mit der Musik- und Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts. Der deutsche Komponist Johannes Brahms scheint schon damals auch in Zürich eine bekannte Persönlichkeit gewesen zu sein. Im Riegelhaus in Rüschlikon, hoch über dem Zürichsee, gingen Künstler, Musiker und Schriftsteller ein und aus. Unter den persönlichen Freunden von Johannes Brahms fand sich auch immer wieder Gottfried Keller. Im Zentrum des Erzählwerks stehen drei Freunde von Johannes Brahms, die ebenfalls drauf und dran waren, die Karriereleiter zu erklimmen: der Geiger und Komponist Friedrich Hegar, der Chirurg und Laienmusiker Theodor Billroth und der streitlustige Theologe und Dichter Josef Viktor Widmann. „Die Brahmskommode“ erzählt somit aus dem wahren und facettenreichen Leben historischer Persönlichkeiten. Dies trifft nicht nur auf die Hauptpersonen des Romans zu. Auch hinter den meisten Nebenfiguren lassen sich reale Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts entdecken.
Die Realität überwiegt in Wolfensbergers neuem Roman. Die schriftlichen Quellen und Hinweise aus der geheimnisvollen Brahmskommode liefern dem Autor einen schier unerschöpflichen Fundus für seine spannende Roman-Story. Mit viel literarischem Geschick bedient sich Kaspar Wolfensberger aus der Brahmskommode. Aus dem recherchierten Material hat er die Gespräche und die Meinungen, die er seinen Romanfiguren in den Mund legt, rekonstruiert. Der Autor hat sich aber auch etwas künstlerische Freiheit gegönnt, indem er einige wenige Episoden dazuerfunden und die Dialoge frei ausgeschmückt hat. Entstanden ist ein lebendig erzählter Roman. „Die Brahmskommode“, ein lesenswertes Buch für alle, die sich gern in die Historie vertiefen und die Musik und Kultur des 19. Jahrhunderts mögen.
Text und Fotos: Kurt Schnidrig