Die Bestseller-Autorin Lena Johannson hat pünktlich zum Walliser Herbst, den Rainer Maria Rilke in weltbekannten Herbst-Gedichten verewigt hatte, die Liebschaft zwischen dem Dichter Rilke und der Malerin Clara Westhoff in eine bewegende und spannende Story gekleidet. In ihrem Roman „Clara & Rilke“ beschreibt sie, wie der umschwärmte Dichter Rainer Maria Rilke die junge Malerin Clara Westhoff zum ersten Mal sieht. Er ist hingerissen und fasziniert von ihrer Durchsetzungskraft und von ihrer Leidenschaft zur Kunst. Und Gleiches gilt es auch von Rilkes junger Geliebter zu sagen: Als Clara zum ersten Mal ein Gedicht, von Rilke selbst vorgetragen, hört, ist sie ihm erlegen, sie ist hin und weg.
Die Liebesgeschichte zwischen Clara und Rilke ist jedoch nicht einfach nur romantisch und harmonisch. Um 1900 trifft Rilke in der Künstlerkolonie Worpswede bei Dresden mit Clara Westhoff eine neue Liebe, nachdem ihn eine frühere Geliebte, Lou Andreas Salomé, verlassen hatte. Rilke ist kein genügsamer Lebenspartner, er macht auch noch anderen Frauen den Hof, so etwa der Freundin von Clara Westhoff, der Malerin Paula Becker. Und während Rilke und Clara bereits Heiratspläne aushecken, meldet sich immer wieder auch noch Lou Andreas Salomé, mit der Rilke unvergessliche Reisen in die Weiten Russlands unternommen hatte. Trotzdem heiraten Rilke und Clara am 28. April 1901. Aus der Ehe zwischen Rilke und Clara geht eine Tochter hervor, Ruth mit Namen. Autorin Lena Johannson beschreibt diese Liebe als „eine Liebe zwischen Worten und Farben“. Die Worte kommen vom Dichter Rilke, die Farben von der Malerin und Bildhauerin Clara Westhoff.
Rilke löst sich bereits ein Jahr später von seiner Familie, er verlässt seine Ehefrau Clara und seine Tochter Ruth. „Rainer gewann die Frauen für sich und floh dann doch vor ihrer Nähe“, schreibt Lena Johannson (S. 316). Rilke zieht es in die Weltstadt Paris, wo er Sekretär des damals weltbekannten Bildhauers Auguste Rodin wird. Im Jahr 1911 trennt sich Clara Rilke-Westhoff von Rainer Maria Rilke. Die Trennung wird zwar nie offiziell vollzogen, denn eine Scheidung hätte viel Geld gekostet, das den beiden Kunstschaffenden fehlte. Rilke verlegt seinen Wohnsitz in die Schweiz. In Siders lässt er sich von einem Mäzen das Chateau Muzot zu seiner Bleibe ausbauen und herrichten. Hier bringt er seine Walliser Gedichte (die Walliser Quartette) zu Papier. An Leukämie erkrankt, stirbt Rainer Maria Rilke 1923 in der Klinik Valmont bei Montreux.
Im Epilog, am Schluss des Romans, lässt Autorin Lena Johannson die frühere Geliebte und Ehefrau von Rilke, Frau Clara Rilke-Westhoff, auf den Rarner Burghügel steigen, wo sie sich ein letztes Mal an der Grabstätte von ihrem Rainer Maria Rilke verabschiedet:
„Er hätte zwei Leben gebraucht. Eines voller quälender Einsamkeit, um das Höchste der Kunst aus sich herauszuholen, das in ihm war. Ein weiteres in der Geborgenheit einer Familie, aufgefangen, beschützt, bewundert. Er hatte sich nicht mit nur einem abfinden können. Er brauchte zu sehr eine Frau, die er aus der Ferne lieben konnte, eine Muse, eine Unerreichbare.“
Aus: „Clara & Rilke“ von Lena Johannson, S. 316
Wie steht es mit der Wahrscheinlichkeit dieser Rilke-Lovestory? Ist sie biographisch gesichert? Diese Fragen dürfen m.E. grösstenteils positiv beantwortet werden. Sicher ist auch ein wenig künstlerische Freiheit mit dabei. Der Autorin Lena Johannson war vor dem Schreiben eine gründliche Recherche äusserst wichtig gewesen. Dazu ist auch noch zu sagen: Es gibt bereits sehr viel Literatur über Clara Rilke-Westhoff und auch über ihre Beziehung zu Rilke. Im Anhang zum Roman „Clara & Rilke“ liefert die Autorin ein ausführliches Verzeichnis von allen handelnden Personen sowie Fakten und historisch Gesichertes. Was Rilke-Fans auf der ganzen Welt besonders erfreuen dürfte: Die Autorin hat immer wieder auch zauberhafte Rilke-Texte und Gedichte einfliessen lassen, inspiriert durch die Liebesbeziehung zwischen Clara und Rilke.
Lena Johannson: Clara & Rilke. Eine Liebe zwischen Worten und Farben. Roman. Aufbau Taschenbuch der Aufbau Verlage GmbH, Berlin 2023.
Text, Bilder und Radiosendung: Kurt Schnidrig