
Ab Mittwoch, 18. Oktober, ist Frankfurt wieder Treffpunkt der Literat*innen und deren bunt schillernden Literaturen aus aller Welt. Die Frankfurter Buchmesse ist das Zentrum des deutschsprachigen Büchermarktes. Die Jubiläums-Ausgabe der 75. Frankfurter Buchmesse bricht viele bisherige Rekorde. Als ich im vergangenen Jahr durch die Markthallen der Buchmesse schlenderte, durfte ich mich an 4000 Ständen von Ausstellern aus rund 100 Ländern sattsehen. Noch im vergangenen Jahr war ich der Meinung, dass eine derartige Vielfalt und Präsenz der Buchbranche nicht mehr zu toppen sei. Aber bereits am ersten Tag, kurz nach Türöffnung, wird deutlich: Noch mehr Aussteller als im vergangenen Jahr, mindestens 10 Prozent mehr, dazu auch noch viel mehr angemeldete Besucherinnen und Besucher, doppelt so viele wie letztes Jahr, 50-60 Prozent mehr Eintritte.

Die Erwartungen sind hoch, nicht nur seitens der Aussteller aus aller Welt, sondern auch seitens der Konsumentinnen und Konsumenten, der Leserinnen und Leser. Sie erhoffen sich mannigfache Inspirationen, vor allem in Begegnungen mit Autorinnen und Autoren, in lebhaftem Kontakt mit den Schreibenden selbst also. Diesbezüglich haben sich die Organisatoren der diesjährigen Jubiläums-Ausgabe etwas Besonders einfallen lassen: Statt dass man sich, wie in den vergangenen Jahren, für eine Begegnung mit einer Autorin oder mit einem Autor anmelden muss, steht in diesem Jahr eigens ein Areal zur Verfügung, da können Interessierte direkt einen Termin mit einer schreibenden Person nach Wahl buchen.
Das Bookfest, das Bücherfest, überall in der Stadt Frankfurt angesiedelt, in Büchereien und in Warenhäusern, holt die Buchmesse aus den überfüllten und lauten Messehallen heraus und beschert den Lesenden besinnliche, heitere und spannende Stunden an idyllischen Plätzen der Stadt Frankfurt. Hier wird das Buch, hier werden die Autorinnen und Autoren, fantasievoll und original erlebbar.

Highlights gibt es unzählige. Ehrengast im diesjährigen Jubiläumsjahr ist Slowenien. Die slowenische Literatur ist noch weitgehend unbekannt, sie verfügt aber über einen riesigen Schatz an literarischen und kulturellen Kostbarkeiten. Auf internationalem Parkett dreht die Frankfurter Buchmesse im Jubiläumsjahr mächtig auf. Indien und China sind so stark wie noch nie vertreten. Eine weitere Besonderheit: Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wird an der Frankfurter Buchmesse verliehen an Salman Rushdie. Der indisch-britische Autor leidet seit Jahren unter der Hetzjagd von islamischen Extremisten. Vor wenigen Monaten erlitt er bei einem Attentat erhebliche Verletzungen.

Die Konflikte in der Ukraine und in Israel stehen im Brennpunkt der Podiumsgespräche. Die Frage, die sich bei vielen internationalen Anlässen immer noch stellt: Ist Russland wieder mit dabei? Die Antwort auf diese Frage gibt die Frankfurter Buchmesse klar und deutlich: Russland hat keinen einzigen Stand an der Buchmesse, dagegen ist die Ukraine sogar mit einem Nationalstand vertreten. Immerhin steht im Frankfurter Pavillon ein Podiumsgespräch auf dem Programm mit dem jedoch wenig ermutigenden Titel: „Hoffnung für Russland: Irgendwer, irgendwie, irgendwann?“
Das Fachprogramm wartet mit viel Wissenswertem aus dem Literaturbetrieb auf. Hier nur eine kleine Auswahl von heute Mittwoch, 18. Oktober. Das Ljubljana Lesemanifest: Warum das Lesen von Büchern wichtig ist. Was ist „deep readings“? Was ist „higher level readings“? Oder: Künstliche Intelligenz – wie wird sie das Schreiben und die Buchbranche verändern? Oder: Sensible Themen in Bildungsmedien: Vielfalt und Qualität für den Unterricht. Digitalisierung in der Schule und Datenschutz.
Die mächtigen TV-Anstalten lassen sich den Mega-Event nicht entgehen. Die Fernsehanstalten ARD, ZDF und 3SAT haben eigens eine Literaturbühne eingerichtet. Da wird Literatur auch ganz bekömmlich für Otto Normalverbraucher verpackt. Wer sowas sucht, der ist beispielsweise bei Bärbel Schäfer und ihrem Bücher-Talk mit Rita Falk „Steckerlfischfiasko“ gut bedient. Rita Falk gilt als die „Provinzkrimi-Königin“. Wem der Sinn nach Höherem steht, der darf sich in den Ehrengast-Pavillon begeben. Hier spricht der Philosoph, Psychoanalytiker und Kulturkritiker Slavoj Zizek über die „Paradoxien der Mehrlust“. Will heissen: Eine Analyse der aktuellen politischen Situation und deren Paradoxien erwartet uns. Von der Corona-Politik zur Cancel Culture, vom Kapitalismus zu den Möglichkeiten einer Politik der Gegenwart.
Text, Bilder und Radiosendung: Kurt Schnidrig