„Die Vielfalt ist das, was mich an meinem literarischen Schaffen fasziniert“, sagt Rolf Hermann. Dafür wird er am 28. November mit dem Kulturpreis der Stadt Biel geehrt. Ob Kurztexte, ob Slam-Texte, ob Sagenähnliches, ob gar Brachiales, ob zärtlich-absurde Liebesgedichte – vieles ist möglich bei Rolf Hermann. Kürzlich durfte ich mit ihm ein Gespräch führen. Dabei verriet er mir, dass in seinem aktuellen Buch nicht selten der alltägliche Wahnsinn vorkomme. Kostproben daraus gab er anlässlich eines Literatur-Talks Mitte Oktober im rro-Studio Barrique zum Besten (ganz rechts im Bild). Schwarzhumorig, lustig, unterhaltsam, vergnüglich – Rolf Hermanns Texte können zum Lachen animieren, sie können uns aber auch den Boden unter den Füssen entziehen.
Was bedeutet der Kulturpreis der Stadt Biel für den gebürtigen Leuker? Rolf Hermann lebt in Biel / Bienne, und er arbeitet als Dozent am dortigen Schweizer Literaturinstitut. Sein Studium in Fribourg und Iowa, USA, verdiente er sich als Schafhirt im Simplongebiet. Er ist Mitglied der Mundart-Combo „Die Gebirgspoeten“, und sein Schaffen wurde bereits verschiedentlich ausgezeichnet, zuletzt mit dem Literaturpreis des Kantons Berns (2015). Und nun also verleiht ihm am Dienstag, 28. November, die Direktion für Bildung, Kultur und Sport im Bieler „Gaskessel“ den Kulturpreis der Stadt Biel 2017. Der Kulturpreis ist eine Auszeichnung für den „steilen“ Aufstieg des erfolgreichen Oberwalliser Literaten.
Das Leben ist ein Steilhang. So lautet Rolf Hermanns Lebensmotto und so heisst auch sein aktuelles Buch. „Steilhang“ deshalb, weil er aus dem Wallis komme, und weil da rechts und links steile Berge emporragen, erklärt er mir. „Steil“ sind aber auch seine Texte, weil sie meistens auf eine Pointe hinauslaufen. Und oftmals komme dann auch noch inhaltlich allerlei „Steiles“ hinzu, schmunzelt er.
Wie lässt sich ein Bühnentext verschriftlichen? Rolf Hermanns Texte sind alle früher einmal für die Bühne geschrieben worden. Nun hat er sie gesammelt, überarbeitet und verschriftlicht. Und – weil das Walliserdeutsche (noch) keine Weltsprache sei – habe er sich entschlossen, diese Texte auch noch ins Hochdeutsche zu übersetzen.
Rolf Hermanns Texte sind auf eine Pointe hin zugespitzt, wohl vor allem deshalb, weil sie ursprünglich als Kürzesttexte für das Schweizer Radio geschrieben worden sind. Die Vorgabe habe dabei immer gelautet, der Text dürfe lediglich zwischen 30 Sekunden und 1 Minute lang sein. Er habe immer walliserdeutsche Texte schreiben wollen, an denen er selber seinen Spass haben könne, fügt Rolf Hermann an. Dabei sei für ihn die Pointe absolut zentral. Er habe sogar Geschichten rund um eine Pointe herum geschrieben. Andererseits seien aber auch Texte aus einer Situation heraus entstanden, so dass sich also die Pointe erst während des Schreibprozesses ergeben habe.
Witz und Humor sind wichtige Elemente in Hermanns Geschichten. Dabei ist das Humorige eher den Geschichten vorbehalten, während der Ernst in der Lyrik zum Tragen komme, sagt Rolf Hermann. So schwinge beides in seinen Texten mit: Das Spassige und das Ernste. Diese Kombination könne mithelfen, dass er seinen Beruf als Schriftsteller noch weitere 30 Jahre ausüben könne, sagt Hermann lachend.
Stilistisch und literarisch lehnen sich die Texte von Rolf Hermann an den Dadaismus eines Ernst Jandl und eines Ernst Eggimann an. Zu Beginn habe er sich zwar noch von der amerikanischen Lyrik beeinflussen lassen. Die Liebe zur walliserdeutschen Dichtung habe er jedoch von Hannes Taugwalder geerbt. Vor 12 Jahren begann er in Bern eigene Lesungen anzubieten. In Bern existierte eine Literaturbühne mit dem Namen „Tintensaufen“. Da lernte er Pedro Lenz kennen, Beat Sterchi, Guy Kneta und andere, die ihm den Weg in die Schweizer Literatur-Szene ebneten.
Lieber Rolf, wir wünschen dir anlässlich der Verleihung des Kulturpreises eine eindrückliche Feier im Bieler Gaskessel und weiterhin viel Erfolg mit deinem literarischen Schaffen.
Text und Foto: Kurt Schnidrig