In diesem Pandemie-Sommer 2020 ist es ratsam, die Ferien im eigenen Land zu verbringen. Gerade auch aus literarischer Sicht bieten sich zauberhafte Tagestouren an. Auf 20 literarischen Tagestouren können Leser*innen einen ganz anderen Zugang finden zum Werk eines Schriftstellers oder einer Schriftstellerin. Im Buch „Literarisches Reisefieber“ (AS Verlag, 240 Seiten) präsentiert die Zürcher Autorin Ursula Kohler 20 Tagestouren, immer auf den Spuren von Schweizer Schriftstellerinnen und Schriftstellern.
Literarische Sehnsuchtsorte. Eine dieser Tagestouren führt uns zum Beispiel zum geheimnisvollen Ulrich Bräker, dem armen Mann im Toggenburg. Wir lernen das Leben in früherer Zeit kennen, und man kommt auf dieser Tour überall dort vorbei, wo der Schriftsteller seine Jugendzeit verbracht hat. Eine andere Tagestour führt uns ins Bündnerland. Insbesondere in der Region rund um Davos lässt sich trefflich wandern auf den Spuren des Schriftstellers Jürg Federspiel. Auf diese Weise reisen wir in ganz unterschiedliche Regionen der Schweiz, in die Deutschschweiz, in die Romandie und auch ins Tessin. Häufig flaniert die literarisch interessierte Leserschaft dabei durch attraktive Ortschaften, die in einem Roman oder in einer Erzählung vorkommen.
Schriftsteller-Kolonien im Süden. Häufig hat es Schweizer Schriftsteller zwecks Tapetenwechsel und Inspiration in den Süden gezogen. Das Tessin war zu allen Zeiten ein begehrter Sehnsuchtsort, insbesondere für Künstler und Literaten, die für ihre Arbeit Ruhe suchten und neue Schreiblust. Vor allem im frühen 20. Jahrhundert war der Monte Verità bei Ascona der Sehnsuchtsort für Künstler und Literaten.
„Den letzten Sommer seines Lebens brachte der Maler Klingsor in jenen südlichen Gegenden zu, die er schon in früheren Jahren geliebt und oft besucht hatte. Dort entstanden seine letzten Bilder, jene freien Paraphrasen zu den Formen der Erscheinungswelt, jene seltsamen, leuchtenden und doch stillen, traumstillen Bilder mit den gebogenen Bäumen und pflanzenhaften Häusern.“
Hermann Hesse in: „Klingsors letzter Sommer“.
Ein besonderer Ort in der Südschweiz ist das Dorf Montagnola. Hier lebte und arbeitete Hermann Hesse, der Autor von so grossen Erzählungen wie „Steppenwolf“, „Demian“, „Unterm Rad“ oder „Klingsors letzter Sommer“. Leider sind jedoch Sehnsuchtsorte immer auch kurzfristige Bleiben für Künstler. Hermann Hesse war es nur die letzten Jahre seines Lebens vergönnt, im Tessin zu leben und zu arbeiten.
Literarische Tagestouren auf den Spuren von Schriftsteller*innen wie Max Frisch, Friedrich Glauser, Jeremias Gotthelf, Annemarie Schwarzenbach, Silja Walter, Johanna Spyri, Anne Cuneo, Meret Oppenheim, Laure Wyss oder Hermann Burger bereichern nicht nur unser literarisches Hintergrundwissen, sie führen uns zudem auch in bezaubernde Landschaften. Oftmals gibt die Landschaft zusätzlich auch noch die Szenerie ab für einen Roman, so wie die Gegend rund um den Bielersee im Roman „Der Richter und sein Henker“ von Friedrich Dürrenmatt.
Das literarische Reisebuch von Ursula Kohler ist ein ganz besonderer Reiseführer, bestimmt ein gewinnbringender Buchtipp für all die reiselustigen Literaturfans unter uns. Auf den Spuren von 20 Schweizer Schriftsteller*innen führt uns Ursula Kohler in ihrem Buch kreuz und quer durchs Land. Die Autor*innen werden mit einer kurzen Biografie und einem bedeutsamen Buch aus ihrem Werk vorgestellt. Die ausgewählten Tagestouren sind vom Lebensweg und dem Wirkungsort der Literaten inspiriert.