Corona: Leerzeit oder Lehrzeit?

Können wir aus der Corona-Krise etwas lernen? Unbedingt, sagte der Unternehmensberater Jorge Cendales am Event „Bildungsimpulse aus Gondo“. (Foto: Kurt Schnidrig)

Die Streitfrage, ob ein Glas halb voll oder halb leer ist, veranschaulicht die Lebenshaltungen des Pessimismus und des Optimismus. Für die Pessimisten ist die gegenwärtige Corona-Krise einfach nur blockierend und ein Grund zur Panik. Optimisten hingegen schaffen es, der alles beherrschenden globalen Pandemie auch eine positive Seite abzugewinnen. Zu ihnen gehört der Unternehmensberater und Coach Jorge Cendales. Vor Wochenfrist referierte er im Stockalperturm von Gondo. Im Rahmen des Events Zeitzeichen – Bildungsimpulse aus Gondo stellte er die Forderung auf: „Nach-Corona darf es nicht wieder werden wie Vor-Corona“.

„Die Entschleunigung, der blaue Himmel ohne Kondensstreifen, Homeschooling so gut es geht, neue Familienrhythmen, ein Staat der unbürokratisch helfen kann, das ist eine sehr kurze Liste der positiv erlebten Erfahrungen während der Corona-Krise.“

Jorge Cendales

Durch die positiv erlebten Erfahrungen, die wir während der Corona-Krise machen durften, sind Bedürfnisse erlebbar geworden, die uns deutlicher dazu motivieren einen nächsten Schritt für unser Leben (unser Überleben) zu tun. Jorge Cendales spricht von einem Schritt vom „Mensch zur Menschheit“. Er meint damit, dass wir eine andere Art des Lebens führen sollten, die ein würdevolles Miteinander und ein Überleben auf unserem Planeten ermöglicht. In seinem Referat bündelte Jorge Cendales komprimiertes Wissen aus der Neurobiologie, der Pädagogik und der Ökonomie.

Jorge Cendales mit Jahrgang 1959 ist Unternehmensberater und Coach. Als Vater von 5 erwachsenen Kindern verfügt er über eigene Erfahrungen sowohl im Familien-Management als auch über 35 Jahre internationale Führungs- und Beratungserfahrung in den Bereichen Coaching, Management und Entwicklung, Unternehmens- und IT-Strategieberatung, Vertrieb und Marketing. Seine Philosophie: Veränderung ist eine Quelle der Stärke, wenn wir darin die Weisheit des Universums entdecken und damit wachsen.

Werden wir die Krise als Chance wahrnehmen? Oder neigen wir dazu – sobald die Krise vorbei ist – alles wieder genauso zu tun wie Vor-Corona? Hier dürften die Meinungen auseinander driften. Optimisten dürfen Hoffnung schöpfen aus den Neurowissenschaften. Diese besagen, dass menschliche Gehirne so gebaut sind, dass gute Erfahrungen zu Bedürfnissen führen, die der Mensch wieder leben möchte. Aus dieser Perspektive betrachtet, ist das Glas halb voll. Werden wir in der Zeit nach Corona die entschleunigte Arbeitswelt aufrechterhalten? Werden wir das Zwischenmenschliche und Partnerschaftliche ebenso liebevoll weiterpflegen wie während des Lockdowns? Wird der Staat seinen Bürger*innen ebenso unbürokratisch und hilfsbereit zur Seite stehen? Zweifel sind angebracht. Menschen neigen dazu, in alte Fahrwasser zurückzufinden. Der betriebliche Alltagstrott und die auferlegten „Sachzwänge“ von Wirtschaft und Industrie werden auch in der Zeit nach Corona viel Druck auf neu entdeckte Freiheiten und menschliche Bedürfnisse, wie wir sie während der Corona-Krise erlebt haben, ausüben. Wie viel werden wir von den guten Erfahrungen und Visionen in die Nach-Corona-Zeit hinüberretten?

„Komprimiertes Wissen aus der Neurobiologie, der Pädagogik und der Ökonomie sollte Sie dazu anregen, darüber nachzudenken und sich bewusst zu werden, ob die Zukunft erst in 120 Jahren sein wird oder bereits morgen möglich ist.“

Jorge Cendales

Ein Brückenschlag zwischen Neurowissenschaften und Geschäftsthemen ist nötig. Oder anders formuliert: Wie lassen sich die guten Erfahrungen, die sich während der Corona-Zeit in den menschlichen Gehirnen abgespeichert haben, auf die Geschäftsthemen übertragen? Das Trägheitsgesetz, das unser aller Alltag bestimmt, wird diesen Brückenschlag zu verhindern suchen. Aus diesem Grund sind erfahrene Berater und Coaches vonnöten. Ihre Aufgabe besteht nun darin, die Visionen in die Realität umzusetzen.

Den Podcast aus der Sendung Literaturwelle können Sie in Kürze an dieser Stelle hören.

Text, Foto und Radiosendung: Kurt Schnidrig