Illustre Bühnenbesetzung in der Buchhandlung ZAP in Brig: Die Nachkommen von Urgrossvater Alexander Seiler, dem Zermatter Hotelkönig, faszinierten mit Episoden aus der Seiler Saga ein zahlreiches Publikum.
Buchautor Stephan Seiler vertraute die Lesung einzelner Textpassagen dem theatererprobten Christian Seiler an. Als Experten zur Seite standen den Beiden der Touristiker Roland Flückiger-Seiler und Andreas Seiler, der seinerseits ebenfalls bereits über den Hotelkönig Alexander Seiler publiziert hatte.
Die Seiler-Saga nahm ihren Anfang mit den beiden Brüdern Joseph und Alexander Seiler. Joseph wurde zum Priester geweiht und Alexander hegte den Wunsch, am schönsten Berg der Welt ein Hotel zu bauen, das Hotel Monte Rosa. Aus einem Brief geht hervor, dass er dafür 400-500 Pfund vorstrecken musste, den Rest bezahlte sein Bruder, der Pfarrer.
Queen Viktoria löste einen Tourismus-Boom aus
Zwanzig Jahre später dehnte Alexander Seiler sein Hotel-Imperium bis nach Gletsch aus. Nach mittlerweile drei Hotels in Zermatt entstand am Rhonegletscher zwischen 1866-1868 ein Gasthaus mit 80 Betten.
Ein absolutes Highlight für das Hotel Glacier du Rhone in Gletsch war der Besuch von Königin Viktoria am 7. August 1868. Sie reiste ikognito als Privatperson in die Schweiz und verbrachte hier einen fünfwöchigen Aufenthalt. Sie unternahm auch einen dreitägigen Ausflug an den Rhonegletscher, nächtigte im Hotel Glacier du Rhone und besuchte die Eisgrotte. Die Monarchin löste einen riesigen Touristenboom aus. Der Name Ihrer Majestät, Viktoria, machte Furore und wurde unter anderem auch vom Hotel Viktoria in Zermatt übernommen.
Gemeindekrieg gegen Gasthofbesitzer Alexander Seiler
Der Gemeindekrieg gegen Gasthofbesitzer Alexander Seiler löst bis heute heftige Diskussionen aus. Der Disput war auch anlässlich der Buchvernissage in der ZAP Brig ein Schwerpunkt. Das offizielle Wallis hatte sich bezugnehmend auf diesen Streit nicht bereit erklärt, die Herstellung des Buches „Die Seiler Saga“ zu unterstützen. Der Streit geht zurück bis ins Jahr 1871.
Damals stellte Alexander Seiler einen Antrag zur Aufnahme in die Burgerschaft von Zermatt. Der Antrag wurde von den Zermattern abgeschmettert. Alexander Seiler zog den Disput bis vor den Staatsrat weiter und war bereit, als Einkauf in das Burgerrecht den Betrag von 2000 Franken an die Staatskasse zu überweisen. Infolgedessen erklärte der Walliser Staatsrat im Jahr 1888 die Einsprachen der Zermatter Burger gegen die Aufnahme Alexander Seilers in den Burgerrat als gegenstandslos.
Die Burgerschaft von Zermatt stellte sich jedoch weiterhin gegen eine Aufnahme Seilers in den Burgerrat. Der Staat Wallis schickte daraufhin fünf Gendarmen nach Zermatt, die 6 Monate dort bleiben und für Ordnung sorgen sollten. Die Präsenz der Gendarmen beeindruckte jedoch die Zermatter nicht im Geringsten. Der Staatsrat trug sich infolgedessen mit dem Gedanken, eine Kompagnie Infanterie nach Zermatt zu schicken, um den Gemeindekrieg gegen Gasthofbesitzer Seiler zu beenden.
Andreas Seiler beurteilt diesen Gemeindekrieg gegen Alexander Seiler aus heutiger Sicht als einen Clash der Mentalitäten. „Man fürchtete wohl, dass das Dorfgefüge durcheinandergerät“, vermutet er. Das bäuerliche Wirtschaftsgefüge war damals kein Nährboden für Hotelkönige wie Alexander Seiler. „Man wollte eine Abgrenzung gegen Globalisierungs-Tendenzen“, sagte Andreas Seiler in der ZAP in Brig.
„Die Seiler Saga“ – ein epochales Werk
Stephan Seiler war hoch motiviert, nun endlich die Seiler-Saga in Buchform zu veröffentlichen. Er hatte selbst im Seiler Hotel in Gletsch gearbeitet. „Die Hotellerie ist mein Beruf“, sagt er. Als 2013 mit Tante Rosmarie der letzte Spross aus der Seiler-Dynastie gestorben sei, seien viele hoch interessante Dokumente aufgetaucht. Das habe ihn motiviert, weiter zu recherchieren. Buchautor Stephan Seiler ist im Event-Business tätig. Als ihn 2019 die Corona-Zeit zur Untätigkeit zwang, konnte er sich der Niederschrift der Seiler-Saga widmen.
Andreas Seiler bescheinigt dem Buchautor, dass die Familiengeschichte „adäquat wiedergegeben ist“. Die Seiler Saga sei detailreich und spannend präsentiert.
Auch Roland Flückiger-Seiler, der Touristiker, pflichtet bei: „Es ist ein sehr wertvolles Buch, denn es gibt kaum Bücher über Hotelkönige in der Schweiz.“ Buchautor Stephan Seiler habe ein „epochales und einzigartiges Werk“ verfasst. Ein Buch, das bestens recherchiert sei und auf einem Archiv mit aussagekräftigen Dokumenten basiere.
Als Schlusspunkt der Buchvernissage in Brig verglich Roland Flückiger-Seiler die Alexander-Seiler-Hotels aus dem 19. Jahrhundert mit heutigen modernen Hotels. Heute würden die Hotels geführt von internationalen Konstrukten. „Es gibt kaum Hotels, wo man sich freundlich aufgenommen fühlt“, sagt Roland Flückiger-Seiler, man sei heute „eine Nummer in einem Hotelbetrieb“.
Text, Bilder und Radiosendung: Kurt Schnidrig