Der Literatur-Hängert: Zu Besuch bei Valentina Zanella, Vize-Chefin der ZAP Visp

Valentina Zanella blickt auf das Literaturjahr 2024 zurück. Hier beim „Literatur-Hängert“ mit Kurt Schnidrig. (Bild: rro / Schnidrig)

„Literatur-Hängert“ mit Kurt Schnidrig:

In regelmässigen Abständen trifft unser Literaturexperte Menschen aus der Literaturszene zum ausführlichen Gespräch.

«Literatur-Hängert» vom 12. Dezember 2024: Kurt Schnidrig empfängt Valentina Zanella, die Vize-Chefin der ZAP Visp, zu einem Rückblick auf das Literaturjahr 2024. Was bevorzugen die Oberwalliser Leserinnen und Leser? Wie heissen die Bestseller des Jahres? Wir sprechen über neue Literatur-Trends: Das New-Adult-Genre boomt. Auch das autobiographische Schreiben und Coming-of-Age-Romane sind angesagt. Bücher können mithelfen, das aktuelle Weltgeschehen besser zu verstehen. Der Einfluss der sozialen Netzwerke und der Medien steuert und bestimmt unser Leseverhalten mit. Wir warten mit Last-Minute-Lesetipps auf und wagen einen Ausblick auf das Literaturjahr 2025.

Nachfolgend ein Ausschnitt aus dem „Literatur-Hängert“ mit Valentina Zanella, den Sie auf pomona.media / rro in voller Länge nachhören können.

Kurt Schnidrig: Valentina Zanella, du bist Vize-Chefin in der ZAP Visp. Wie bist du zur Literatur, zu den Büchern gekommen?

Valentina Zanella: Vor 14 Jahren hatte ich in der ZAP Brig die Lehre gemacht, eigentlich als Papeteristin. Ich habe diese Lehre auch abgeschlossen. Dann habe ich aber einen anderen Weg eingeschlagen und habe auch noch eine Lehre in der Hotelbranche absolviert. Nach Arbeitsjahren in der Hotelbranche bin ich aufgrund einer Stv.-Stelle, die frei wurde, wieder zur Buchhandlung ZAP gekommen.

Während des ganzen vergangenen Jahres warst du mit Büchern beschäftigt. Was war das Besondere am vergangenen Bücherjahr?

Das vergangene Jahr war ein interessantes Bücherjahr, vor allem, was regionale Titel anbelangt. Viel Neues ist erschienen, angefangen mit Silvia Eyer, die ihre Biographie herausgegeben hat. Weiter gings mit der «Seiler Saga» von Zermatt. Auch Werner Ryser hat mit einem neuen Buch aufgewartet. Kaspar Wolfensberger hat seine Krimi-Reihe mit dem vierten Krimi abgeschlossen. Es war ein interessantes Bücherjahr und entsprechend erhoffen wir uns auch ein gutes Weihnachtsgeschäft.

Was hat die Oberwalliser Kundschaft bevorzugt? Was sind die Vorlieben der Oberwalliser Leserinnen und Leser?

Gefragt sind neue Bücher und vor allem Serien, also Buchreihen, zu denen ein Folgeband erschienen ist, auf den man lange gewartet hatte. Unsere Kundschaft möchte eine intensive Beratung, sie schätzt unsere Beratung sehr. Besonders auch die ältere Kundschaft braucht Beratung, die jüngere Kundschaft kommt eher ins Geschäft, um zu «stöbern».

Was die jüngeren Leserinnen und Leser anbelangt: Für dieses Publikums-Segment gibt es in den sozialen Medien diverse Angebote wie zum Beispiel «BookTok». Sind die jüngeren Leserinnen und Leser aufgrund dieser zusätzlichen Angebote motivierter?

Auf jeden Fall. Seitdem wir an Orell-Füssli angeschlossen sind, ist auch der «Book Circle» ein Thema, da können die jungen Leute sich online dem Lesen von Büchern widmen. Sie können in diesen sozialen Netzwerken auch Erfahrungen sammeln. Mittlerweile bin ich persönlich verantwortlich für Social Media in der ZAP, besonders für Instagram und Facebook. Da bin ich zuständig, dass die Jungen mitverfolgen können, was neu ist und was aktuell herausgegeben wird.

Wie verhält es sich mit den älteren Leserinnen und Lesern? Die Autorin und Literaturkritikerin Elke Heidenreich landete mit ihrem Buch «Altern» einen Bestseller. Wie läuft das Geschäft mit Bestsellern für die älteren Menschen?

Sehr gut. Elke Heidenreich mit ihrem Buch «Altern» hat auch bei uns im Wallis grossen Anklang gefunden. Vor allem die Mund-zu-Mund-Propaganda zu diesem Buch hat viele Leserinnen und Leser angelockt. Andere Bestseller für ältere Leute sind vor allem Krimis, besonders jene von Philipp Gurt sind im Wallis sehr gefragt.

Wie läuft ein Besuch in der Buchhandlung ab? Kommen die Kundinnen und Kunden zu euch Buchhändlerinnen oder gehen sie zielgerichtet vor? Weiss die Kundschaft ganz genau, was sie will?

Es ist sehr durchmischt. Viele lassen sich durch die Medien (Walliser Bote und Radio Rottu) motivieren und suchen dann genau das Buch, das da vorgestellt worden ist. Es gibt aber auch Kundinnen und Kunden, die sich gerne beraten lassen. Sie wollen wissen, was wir empfehlen, zum Beispiel aus den Genres Romane oder Krimis, die sich auch eignen als Geschenke für Verwandte oder für Freunde. Vor allem hier bei uns in Visp ist die Beratung sehr gefragt, denn das Geschäft ist überschaubar. Vieles kann auch in kürzester Zeit bestellt werden, falls wir ein Buch nicht an Lager haben sollten.

Was ist denn nun so ein typisches «Weihnachtsbuch», das sich das Oberwallis zu dieser Weihnacht geschenkt hat?

Sicher einmal die Romane von Lucinda Riley, zum Beispiel «Das Mädchen aus Yorkshire». Oder der letzte Band der «Sieben-Schwestern-Reihe» von Lucinda Riley, der soeben erschienen ist. Die Lucinda-Riley-Romane sind nun wirklich bei sehr vielen Leserinnen und Lesern beliebt und gefragt.

Wie verhält es sich mit dem Lesestoff, den Superstars wie Taylor Swift für ihre Fans generieren? Können Superstars und Prominente aller Schattierungen das Lesen animieren und vorwärtsbringen?

Sicher gibt es auch im Wallis «Swifties», die sehr schnell waren im Suchen von Tickets, um Taylor Swift in Zürich zu erleben. Bei uns ist das jedoch nicht so ein Boom, wie zum Beispiel in den grossen Städten Zürich und Bern. Aber die Nachfrage ist auch bei uns da, wir haben diese Bücher an Lager. Wir haben auch alle Geschenkideen parat für die Swifties. Persönlich bin auch Taylor-Swift-Fan, ich würde mich aber nicht unbedingt als «Swifty» bezeichnen.

Sind Bestseller-Autorinnen und Bestseller-Autoren wie Benedict Wells oder Caroline Wahl auch im Oberwallis gefragt? Achtet die einheimische Leserschaft auf den Hinweis «Bestseller»?

Die Bestseller-Wand bei uns wird immer beachtet. Es gibt bestimmt auch Kundinnen und Kunden, die ins Geschäft kommen und direkt auf die Bestseller zusteuern. Viele haben auch schon im Kollegenkreis gehört, dass ein Bestseller herausgekommen ist. Mit Caroline Wahl habe ich selbst sprechen dürfen, die Berlinerin ist eine sehr starke Frau, ihre zwei Bücher sind extrem lesenswert.

Wie verhält es sich mit den literarischen Trends? Ich denke zum Beispiel an die Coming-of-Age-Romane. Sind derartige Trends bei uns auch gefragt?

Ja sicher. Was wir seid gut einem Jahr bei uns im Sortiment haben, das ist zum Beispiel die Sparte «New Adult». Persönlich darf ich in unserem Geschäft diese Sparte leiten und pflegen. Es ist diesbezüglich interessant zu sehen, dass «New Adult» nicht nur bei Jüngeren gefragt ist. Es sind durchaus auch ältere Leserinnen und Leser, die zu diesen Büchern greifen. Wir legen Wert darauf, diese New-Adult-Bücher nicht an zu junge Leserinnen und Leser zu verkaufen.

Besonders angesagt ist zurzeit auch das autobiographische Schreiben. Sind Bücher von Autorinnen und Autoren, die aus ihrem eigenen Leben erzählen, aufgrund ihrer Authentizität auch bei den Leserinnen und Lesern besonders gefragt?

Das ist sehr unterschiedlich. Wenn Autorinnen und Autoren wirklich nachvollziehbar aus dem eigenen Leben erzählen, sind sie bei der Leserschaft auch gefragt. Besonders Biographien von Stars, die man aus dem Fernsehen oder aus anderen Medien kennt, verkaufen sich gut. Bei den «wahren Geschichten» müssen wir immer auch abwägen, ob sie dem Kunden oder der Kundin gefallen oder nicht.

Und Klima-Romane, Umwelt-Bücher? Ich stelle einen Hype fest um das sogenannte «Nature Writing». Autorinnen und Autoren setzen sich für die Umwelt und für den Umweltschutz ein. Wie goutieren Leserinnen und Leser diesen Hype?

Sowas verkauft sich bei uns weniger. Sachbücher sind eher gefragt, wenn sie Themen wie «Krieg» abhandeln. Auch Sachbücher über Persönlichkeiten, die man aus dem Fernsehen kennt, gehen bevorzugt über den Ladentisch. Aber Klima-Bücher? Nun, wir sind halt bei uns im Wallis nicht unbedingt die Klima-Kleber…

Die Kriege und Konflikte auf unserer Welt produzieren auch sehr viel Lesestoff. Ich denke etwa an «Live aus der Ukraine» von Luzia Tschirky und ähnliche Bücher. Sind Bücher zur Weltpolitik und zum aktuellen Weltgeschehen hilfreich?

Die Menschen wollen über die Hintergründe von Kriegen und Konflikten lesen, sie geben sich nicht zufrieden mit dem, was ihnen in den Medien vorgesetzt wird. Die Berichterstattungen in den Medien, auch in Social Media, animieren die Menschen, noch mehr darüber in Erfahrung zu bringen, deshalb wohl lesen sie die Sachbücher dazu.

Sprechen wir noch über Buch-Geschenke für unsere jüngsten Leserinnen und Leser…

Ja natürlich. Wir haben für die Jüngsten ein grosses Sortiment an Rätsel- und Stickerbüchern. Wir haben auch die bekannten Tonieboxen für Kinder, aus diesen Boxen kommen immer wieder neue Figuren heraus, die Geschichten erzählen. Daran haben bestimmt alle Kinder Freude: Man kann einer Geschichte oder einem Lied zuhören und dazu eine Figur verschieben.

Und du, Valentina, was liest du persönlich ?

Am Anfang, als ich hier in der ZAP angefangen habe, bin ich in der Roman-Sparte gelandet. Aber ich habe dann schnell einmal realisiert, dass dies nicht so das ist, was ich gerne lesen möchte. Deshalb habe ich mich nun voll und ganz der New-Adult-Sparte zugewandt. Ich bin nun aber nicht diejenige, die «dark romance» und «Erotik» liest, aber es ist trotzdem sehr interessant immer wieder mitzuerleben, wie viel in diesen Büchern «lebt».

Wagen wir noch einen Ausblick auf das Literaturjahr 2025. Was kommt da auf uns zu?

Im Jahr 2025 erwarten wir Folgebände von Buchreihen, auf die Leserinnen und Leser schon länger warten. Regional ist mir persönlich zurzeit noch wenig bekannt. Es stehen Theateraufführungen an, denen Walliser Bücher zugrunde liegen.

Die ZAP-Buchhandlungen warten immer wieder mit angesagten Autorinnen und Autoren auf. Dürfen wir auch im Neuen Jahr wieder auf ZAP-Veranstaltungen gespannt sein?

Ganz bestimmt. Es wird auch im Neuen Jahr wieder ein Frühlings- und ein Herbstprogramm geben, und zwar sowohl in Visp wie auch in Brig. Auch die Filiale in Zermatt wird wohl wieder mit Vernissagen aufwarten.

Herzlichen Dank, Valentina Zanella, für diesen Literatur-Hängert mit einem spannenden Rückblick auf das vergangene Jahr. Wir freuen uns auf das kommende Literaturjahr 2025.

Den „Literatur-Hängert“ können Sie anhören auf pomona.media / rro. Text, Bilder und Radiosendung: Kurt Schnidrig.