In seinem Kriminalroman „Gommer Herbst“ erweist sich Kaspar Wolfensberger als gewiefter Kenner des hiesigen Jagdwesens. Mit ihm habe ich mich ausgiebig unterhalten über die Gommer Jäger, über ihre Treffsicherheit, über das Restrisiko, das in diesen Tagen für Wanderer besteht und über eine Therapie, die man übereifrigen Grünröcken empfehlen könnte. Das Gespräch in voller Länge können Sie, verehrte Leser*innen, untenstehend ab Podcast im Originalton geniessen. Natürlich darf bei einem Krimiautor auch etwas Jägerlatein mit dabei sein. Für einen, der bloss mit der spitzen Schreib-Feder auf die Jagd geht, verfügt Wolfensberger jedoch über ein beachtliches Jägerwissen.
„Ich habe mich mit auskunftsfreudigen Grünröcken getroffen und sogar eine Jagdzeitung abonniert.“
Kaspar Wolfensberger
Das Blut heisst in der Jägersprache „Schweiss“ und ein guter Jäger „trägt einem Tier den Schuss an“. Doch nicht bloss die Sprache der Jäger lässt sich mit Hilfe von Wolfensbergers „Gommer Herbst“ erlernen oder zumindest auffrischen, der Krimiautor würde wohl auch eine Walliser Jagdprüfung bestehen, gäbe es da nicht auch Noten für das Schiessen. Das umfangreiche Wissen, das der Autor in seinem Kriminalroman ausbreitet, trägt zu einer atmosphärischen Dichte bei, die das Werk weit über einen Roman mit Lokalkolorit hinaushebt. Wolfensbergers „Gommer Herbst“ ist eine volkskundlich wertvolle und dazu auch äusserst unterhaltsame Lektüre, welche die „Gommer Art“ treffend wiedergibt, wie dies in der Jägersprache wohl heissen müsste.
„Ich würde ohne zu zögern mit einem Gommer Jäger auf die Jagd gehen. Allerdings bleibt da immer ein Restrisiko. Eine gelbe Signalweste würde ich deshalb schon überziehen.“
Kaspar Wolfensberger
Im Krimi „Gommer Herbst“ herrscht Jagdfieber. Die Jäger schiessen auf alles, was sich bewegt. Gleich auf den ersten Seiten schon muss einer der Grünröcke den Gang ins Jenseits antreten: „Er wartet und wartet. Immer noch tut sich nichts. Doch dort! Etwas bewegt sich. Und schon steht er vor ihm, vielleicht hundert, hundertfünfzig Schritt entfernt: ein prächtiger Zwölfender. (…) Der kapitale Stier steht jetzt quer zum Jäger. Den Finger am Abzug, hat der Waidmann die Beute im Visier. Eine Sekunde, zwei Sekunden – dann ein Schuss. Der Hirsch schreckt hoch, nimmt in grossen Sprüngen Reissaus und verschwindet im Lärchenwald. Der Mann sackt zusammen, die Büchse entgleitet seinen Händen. Er sinkt auf seinen Hocker zurück und kippt langsam nach hinten. Auf seiner Jacke bildet sich ein dunkler Fleck.“ (Gommer Herbst, S. 11).
Ein mysteriöser Jagdunfall bringt die Romanstory in Gang. Wildwest im Wallis? Ein gefundenes Fressen für Krimiautor Wolfensberger. Ob er doch wieder auf der alten Leier spiele und weiter am „Wildwest-Epos“ über die gesetzeslosen Walliser schreibe, wollte ich vom Autor wissen. Doch einer wie Wolfensberger ist um eine träfe Antwort nie verlegen. Auf seine Ermittler lässt er nichts kommen. Zum Glück gebe es da den Polizisten Chüzz Walpen und den Inspektor Alain Gsponer, meint er, die würden seriös arbeiten.
„Ich bin entwaffnet, denn es geht in meinem Roman tatsächlich um Gesetzesbrecher, und es wird scharf geschossen und herumgeballert.“
Kaspar Wolfensberger
Wolfensberger kommt im „Gommer Herbst“ selbstredend auch nicht um die Wolfsproblematik herum. Er habe viel recherchiert, verrät er mir, er habe mit Wolfsbefürwortern und Wolfsgegnern eifrig debattiert. So gesehen, könne sein Krimi tatsächlich Verschiedenes zur Diskussion um die Wolfsproblematik beitragen. Das nimmt man dem Autor gerne ab, denn seine Aussagen widerspiegeln nicht selten die Haltung der Einheimischen.
„Die Grüezini haben immer die grösste Klappe, wenn es um den Wolf geht.“
Kaspar Wolfensberger
Wer im „Gommer Herbst“ auf die Pirsch geht, der sollte nebst dem Jagdgewehr und einer Buttiglia „Jägermeister“ vor allem den Humor nicht vergessen. So wollte ich vom Psychiater, Psychotherapeuten und Krimiautor Wolfensberger wissen, welche Therapieform er den Jägern empfehlen würde, die in diesen Tagen im Goms und anderswo auf alles schiessen würden, was sich bewegt? Auf diese meine Frage antwortete Wolfensberger gekonnt diplomatisch: Die Gommer Jäger, die er getroffen habe, seien allesamt gesund und stünden mit beiden Beinen auf dem Boden. Und wenn einmal eine Therapie für übereifrige Grünröcke erforderlich sein sollte, dann würde er eine Lachtherapie verschreiben.
Text, Bilder und Radiosendung: Kurt Schnidrig