Am kommenden Mittwoch, 26. Mai, geht – wie in allen vier Landesteilen – auch auf Radio Rottu Oberwallis der Schweizer Vorlesetag über die Bühne. Persönlich darf ich Sie, liebe Zuhörer*innen, mit vier Kurzlesungen tagsüber begrüssen. Ein breites Netzwerk von Literat*innen hat sich zusammengetan, um das Vorlesen landesweit zu propagieren. Initiiert worden ist der Schweizer Vorlesetag vom Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien SIKJM zusammen mit weiteren Organisationen. Unterstützt werden die Vorlese-Aktivitäten vom Bundesamt für Kultur und von verschiedenen Medien.
Die Online-Medien sind in diesem Jahr aufgrund der Pandemie-Beschränkungen ganz besonders gefordert. Trotzdem findet der Vorlesetag mancherorts auch „live“ statt, dann jedoch im Rahmen der Corona-Vorgaben. Besonders wertvoll ist das Vorlesen natürlich zu Hause. Die eigenen Kinder, die Enkelinnen und Enkel oder die Nachbarskinder freuen sich ganz bestimmt, wenn sie eine Geschichte vorgelesen oder erzählt bekommen. Vorgelesen wird an diesem besonderen Tag auch in Kindergärten, in Schulen, Vereinen oder in kulturellen Institutionen für Erwachsene. Denn selbstverständlich freuen sich auch Erwachsene auf Lesungen, je nach persönlichen Belieben darf es sich dabei um professionelle Auftritte von Schauspieler*innen handeln, um authentische Auftritte von Literat*innen, die eigene Texte vortragen oder um Vorleser*innen, die mit Spass und Engagement ihre Lieblings-Lektüren dem Publikum schmackhaft machen.
Ratschläge und Tipps zum Vorlesen sind auch noch kurz vor dem Auftritt als Vorleser oder als Vorleserin willkommen und umsetzbar. Das Wichtigste: Bitte, liebe Vorleser*innen, nehmen Sie sich genügend Zeit! Vorlesen bedeutet auch, dass man für einander da ist. Es gilt also, eine entspannte Vorlese-Atmosphäre zu schaffen. Die Wahl des Vorlese-Buchs sollte den Bedürfnissen des Zielpublikums entsprechen. Kinder lässt man am besten selber zwischen vorgeschlagenen Büchern auswählen. Buchhandlungen und Bibliotheken bieten auch Lesungen für Erwachsene an. Meist sind es aktuelle Buch-Bestseller oder die Buchproduktionen der regionalen Autorenschaft, die einen riesigen Fundus von spannenden, interessanten und berührenden Geschichten bereitstellen.
Jede(r) kann vorlesen! Man muss gewiss kein Vorlese-Profi sein. Es ist jedoch angezeigt, einige wichtige Vorlese-Tipps zu beherzigen. Ganz wichtig: Achten Sie darauf, dass Sie lebendig vorlesen oder erzählen. Bemühen Sie sich zudem, laut und deutlich vorzulesen. Ein kurzer Test im Vorfeld in einem vertrauten Kreis kann Ihnen diesbezüglich zu wertvollen Rückmeldungen verhelfen. Variieren Sie hin und wieder, passend zur Textstelle, Ihre Stimme. Vermeiden Sie jedoch Übertreibungen, die vom Text ablenken und unfreiwilligen Humor verbreiten könnten. Gezielt und sparsam eingesetzte Mimik und Gestik kann wichtige Passagen beim Vorlesen hilfreich begleiten. Und bitte schauen Sie zuweilen von Ihrem Buch auf, schauen Sie Ihr Publikum an, beobachten Sie, wie ihre Botschaften aufgenommen werden.
Der Einbezug des Publikums bedarf einiger Übung und erfordert von den Vorlesenden etwas Spontaneität. Während des Vorlesens können Sie vielleicht auch mal eine Frage an Ihr Publikum richten. Möglicherweise lässt sich Ihr Publikum auf die Frage nach einem möglichen Ausgang der Geschichte gar zu kreativen Vorschlägen inspirieren. Vorlesen ermüdet jedoch rasch, viele Zuhörerinnen und Zuhörer sind heutzutage mit einer viertelstündigen Lesung bereits „bedient“. Jede Vorlese-Aktivität richtet sich nach dem Zielpublikum. Dabei gibt es keine Altersgrenzen. Vorlesen ist keineswegs nur Kindern vorbehalten. Auch Jugendliche und Erwachsene können sich als eine dankbare Zuhörerschaft erweisen.
Text, Bild und Radiosendung: Kurt Schnidrig