Schriftstellerin Magdalena Schrefel zur Frage: Was sind brauchbare Menschen?

In Österreich ist Magdalena Schrefel ein Literatur-Star. Mit ihrem Buch „Brauchbare Menschen“ sorgt sie für Aufsehen. (Bild: Kurt Schnidrig)

Im Erzählband „Brauchbare Menschen“ stellt Schriftstellerin Magdalena Schrefel provoakative Fragen: Was ist eigentlich Arbeit? Wie verändert sich Arbeit durch künstliche Intelligenz? Und vor allem: Wann ist ein Mensch „brauchbar“? Wir haben die Schriftstellerin in Leukerbad erlebt.

In Schrefels Erzählband „Brauchbare Menschen“ finden sich Geschichten, die bereits schon bei einem ersten flüchtigen Lesen verständlich und einleuchtend sind. Dazu gehört etwa die Geschichte vom Bäcker, der seine Arbeit aufgeben muss, weil schon Roboter bereit stehen, die unser tägliches Brot zu backen bereit sind. Wird der Bäckerberuf dadurch überflüssig? Wird der Bäcker als Mensch dadurch unbrauchbar, dass er durch einen Roboter ersetzt wird? Nein, ein Bäcker bleibt ein Bäcker, er steht immer noch morgens früh auf, Routine-Arbeit über Jahrzehnte hat seinen Körper geformt, sagt Magdalena Schrefel.

Vor der „Entkörperlichung“ von Arbeit warnt die Autorin eindringlich. Arbeit formt, Arbeit ist identitätsbildend, Arbeit strukturiert den Alltag, und Arbeit beeinflusst unsere Persönlichkeit. Trotz dieses philosophischen Unterbaus erzählt Magdalena Schrefel ihre Geschichten lebendig, es handelt sich um Geschichten aus dem wahren Leben. Schrefel erzählt ihre Geschichten dialogisch. Zu den kurzen Texten passt, dass eine Radioreporterin in die Rolle der Erzählerin schlüpft. Die Radioreporterin recherchiert zum Beispiel in einer Fleischfabrik. Sie erfährt bei dieser Gelegenheit, wie industrialisiert sich mittlerweile die gesamte Landwirtschaft präsentiert. Heuen, Melken, „Burdinu“… all diese landwirtschaftlichen Tätigkeiten übernehmen heutzutage Maschinen.

Überraschende Geschichten finden sich ebenfalls im Erzählband „Brauchbare Menschen“. Es existieren auch heute noch Berufe, die (noch) nicht künstlich ersetzbar sind. Dazu gehört zum Beispiel der Beruf des Erntehelfers, der harte körperliche Arbeit verrichtet. Erntehelfer können noch nicht durch Maschinen ersetzt werden, deshalb reisen sie auch heute noch vom Spargel-Stechen zum Erdbeeren-Pflücken und weiter in den Weinberg zur Reben-Pflege und zur Trauben-Ernte.

Provokative Geschichten zeigen ebenfalls, dass Menschen im Grunde genommen unersetzbar sind. Eine Geschichte handelt davon, dass Sexarbeiterinnen noch nicht künstlich ersetzbar sind. Zwar haben die Sexarbeiterinnen auch schon eine Roboterin als neue Kollegin, sie heisst Gigi. Gigis künstliche Intelligenz muss aber mit Geschichten gefüttert werden, die ihr ihre lebenden Kolleginnen erzählen. Wie eine Autorin nimmt Gigi die Geschichten anderer in sich auf.

Auch schreibende Menschen sind brauchbare Menschen. In der letzten Erzählung ihres Erzählbandes „Brauchbare Menschen“ rechnet die Autorin sorgfältig aus, auf welchen Stundenlohn sie kommen würde, nachdem sie den vorliegenden Erzählband abgeschlossen hat. Der Stundenlohn, den sich die Autorin ausrechnet, kommt dem Stundenlohn gleich, wie er auch in anderen vergleichbaren Jobs ausbezahlt wird. Was beim Schreiben allerdings dazukommt: Schreibende formen ihre eigene Identität. Zudem beinhaltet das Schreiben auch mehr soziales Kapital.

Die wirtschaftliche Seite sollte niemals ausgeklammert werden. Dies gilt auch für diejenigen, die sich das Schreiben zum Beruf auserkoren haben. Wer schreibt und liest, ist mit Bestimmtheit ein „brauchbarer Mensch“.

Hören Sie dazu den Podcast aus der Sendung Literaturwälla. (Quelle: rro / Kurt Schnidrig / Simon Kalbermatten / Joel Bieler)

Text und Bild: Kurt Schnidrig