Am 24. Juni hat er seinen 80. Geburtstag gefeiert – der Visper Autor Kurt Studer. Er hätte sich und uns allen ein ganz besonderes Geburtstags-Geschenk bereiten wollen: Die Herausgabe eines historischen Familien-Romans mit mafiösem Hintergrund wäre sein Herzenswunsch zum achtzigsten Wiegenfest gewesen. Doch dann kam alles ganz anders. Einerseits hatte der Autor mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, andererseits möchte er in diesem Spätsommer sich und seiner Frau „eine letzte grosse Weltreise“ gönnen, wie er mir verriet. Und der historische Familien-Roman mit mafiösem Hintergrund? Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Die spannenden Recherchier-Arbeiten auf den Spuren der Mafia in Kalabrien und in Sizilien sind abgeschlossen. Noch aber muss sich seine Leserschaft etwas gedulden. Man darf aber trotzdem schon mal gespannt sein auf den neuen Studer-Roman rund um die Protagonistin Alessandra aus Kalabrien.
Einen Namen geschaffen hat sich der ehemalige Bankkaufmann Kurt Studer als Verfasser einer Walliser Familien-Saga, der sogenannten Perren-Schlegel-Saga. Während der vergangenen Monate hat Autor Kurt Studer jedoch in eine ganz andere Richtung recherchiert, in Italien, auf den Spuren der Mafia. Regelmässig stehen wir in Kontakt, und wenn Kurt Studer auf der Durchreise ist, treffen wir uns in Brig zu einem Meinungsaustausch. Nachdem nun die Recherchier-Arbeiten in Italien abgeschlossen und das Manuskript dazu auch beinahe vorliegt, lohnt sich ein Zwischenbericht.
Um eine wahre Geschichte handle es sich im Kern, hat mir Kurt Studer erklärt. Ganz genau handle es sich um einen historischen Familien-Roman mit mafiösem Hintergrund, präzisiert er. Ungefähr 50 Prozent des Erzählten sei historisch, 50 Prozent sei Fiktion, also eigene Erfindung. Im Kern sei die Mafia-Story eine Familien-Saga, die sich grösstenteils im untersten Zipfel von Italien, auf Sizilien und in Kalabrien, ereignet habe. „Primär geht’s um uneheliche Kinder im damals erzkonservativen Italien, es geht aber auch um Blutrache und es geht um Zwangsheiraten, die bei der Mafia gang und gäbe waren“, sagt der Autor. Betroffen von einer derartigen Zwangsheirat war auch Alessandra, die Protagonistin im neuen Studer-Roman.
Als Quelle und als Grundlage für die Mafia-Story dient dem Autor eine 35-seitige Matura-Arbeit. Eine Maturandin hat also bereits gute und äusserst brauchbare Vorarbeit geleistet. Bei der Maturandin handelt es sich um die Enkelin der Roman-Protagonistin Alessandra. Oder andersrum formuliert: Die Protagonistin Alessandra mit kalabresischen Wurzeln ist die Grossmutter der Maturandin. Die Mutter von Alessandra ist mit 19 Jahren auf Druck der Mafia zwangsverheiratet worden, und zwar mit dem Ziel, die kalabresische Mafia mit der Mafia von Sizilien zu verbandeln. Die sizilianische Mafia hatte sich von dieser Verbindung bessere Geschäfte versprochen.
Die Mafia-Story soll sich vor 120 bis 150 Jahren abgespielt haben. Damals war ein Schweizer nach Kalabrien ausgewandert. Nach seiner Ankunft hätte der Schweizer Auswanderer eine Frau aus Kalabrien durch Zwangsheirat „übernehmen“ sollen, eine Frau mit dem Namen Alessandra. Doch dann rollte der Zweite Weltkrieg über Italien hinweg, Diktator Benito Mussolini wies sämtliche Ausländer aus dem Land aus, auch den Schweizer Auswanderer. Dieser kehrte in die Schweiz zurück, und mit ihm schwappt die Familien-Saga aus Italien auch in die Schweiz über, nach Frauenfeld, nach Zürich und schlussendlich nach Bern.
Wie gefährlich ist es, auf den Spuren der Mafia zu recherchieren? „Wer sich auf die Spuren der Mafia begibt, der setzt sich gewissen Risiken aus“, muss Autor Kurt Studer eingestehen. Seine Familie, insbesondere seine Frau, hätten die Recherchier-Arbeiten auf den Spuren der Mafia in grosser Sorge verfolgt. Angsterfüllt habe ihn seine Frau ganz alleine nach Italien ziehen lassen, sagt Studer rückblickend. Autor Kurt Studer selbst allerdings gibt sich locker: „Ich schreibe ja nur einen Roman, und ich verändere ja alle Namen, die historisch sind“, wiegelt er ab. So geartet, habe er die Recherchen auf den Spuren der Mafia verantworten können.
Text, Bild und Radiosendung: Kurt Schnidrig