Weihnachtsliteratur? Darunter verstehen wir schwerpunktmässig Bücher, die sich mit der Geburt Christi befassen. Dazu gehören aber auch Bücher, die ganz allgemein religiöse Themen abhandeln, oder die sich mit Glaubensfragen befassen. Nur: Religiöse Themen liegen nicht mehr im Trend. Religiöse Themen sind in der Buchbranche in den Hintergrund gerückt. Religion ist in der Literatur nur noch eine Sparte unter vielen. Was sind die Gründe dafür? Darüber lässt sich nur spekulieren.
Religiöse Literatur hat ihren Peak, ihren Höhepunkt, längst überschritten. Während der Anfänge unseres Schrifttums waren Religion und Buch noch eng miteinander verknüpft. Religion und Buch hatten voneinander profitiert. Noch vor der Erfindung von Computer, Schreibmaschine und Druckerpresse war die Herstellung von Büchern mit grossem Aufwand verbunden. Einen derart riesigen Aufwand betrieben die Buchdrucker einzig für Themen, die sie als wichtig erachtet hatten, die Religion gehörte dazu. Wenn es darum ging, wichtige Bücher zu vervielfältigen und zu archivieren, waren die christliche Geistlichkeit und insbesondere die Klöster die gefragten Ansprechpartner. In den Skriptorien sorgten die Mönche für das handschriftliche Kopieren von Büchern. Als Johannes Gutenberg in der Mitte des 15. Jahrhunderts die Druckerpresse erfand, läutete er damit auch die Epoche des modernen Buchdrucks ein. Lange lagen seitdem religiöse und christliche Themen im Trend. Das Reformations-Zeitalter beispielsweise ist ohne die Errungenschaften des Buchdrucks kaum vorstellbar.
Das religiöse Weihnachtsfest bewegt längst nicht mehr alle Heutigen. Allgemein wird die Säkularisierung, die Verweltlichung unseres Lebens also, dafür verantwortlich gemacht. Vielen Menschen ist das Vertrauen in die heutige institutionalisierte Kirche abhanden gekommen. Einige schieben die Schuld dafür dem christlichen Bodenpersonal zu, das mit Missbrauchs-Skandalen von sich reden macht. Die allgemeine Tendenz, dass die Kirchen immer weniger Menschen erreichen, macht sich auch in der christlichen Literatur bemerkbar.
Themen zu Lebenshilfe und Lebensführung sind an die Stelle der religiösen Literatur getreten. Es sind dies gefragte Themen, die allerdings längst nicht mehr nur von religiöser und christlicher Literatur aufgegriffen werden, sondern vermehrt auch von anderen Glaubensgemeinschaften und von anderen Kulturkreisen. Bei Fragen rund um die praktische Lebensführung scheinen andere Religionen für Leserinnen und Leser bedeutend attraktiver zu sein. Dabei hat sich der Buddhismus eine Vorrangstellung erobert. Der Buddhismus thematisiert vielmehr die Praxis und weniger den Glauben. Yoga und Meditation gehören dazu, sie stehen für die praktische Ausrichtung buddhistischen Gedankenguts, auch wenn heute viele sich dieser religiösen Zusammenhänge kaum mehr bewusst sind.
Die „Pick-and-mix-Einstellung“ hat sich durchgesetzt: Viele picken sich aus diversen Religionen und Kulturen heraus, was ihnen zupass kommt und was ihnen genehm ist. Dazu gehören Sinnfragen aller Art. Auf Fragestellungen wie „Wo komme ich her?“, „Wer bin ich?“, „Wo führt mein Weg hin?“, wartet auch das Christentum, insbesondere die Weihnachtsliteratur, mit bestechend befriedigenden Antworten auf.
Die Radiosendung „Literaturwälla“ hierzu hören Sie am 23.12.2023 nachmittags. Text, Bilder und Radiosendung: Kurt Schnidrig