Die Solothurner Literaturtage finden in diesen Tagen, vom 14.-16. Mai, vorwiegend online statt. Per Audio- oder Videostream lässt sich bequem von zu Hause aus miterleben, was zurzeit im Schweizer Literaturschaffen so alles angesagt ist. Dabei möchten die Organisator*innen die diesjährigen Solothurner Literaturtage in den Kontext von gesellschaftspolitischen Fragen stellen. Nebst dem schweizerischen Literaturschaffen aus allen vier Sprachregionen kommt auch die „5. Landessprache“ zum Zug: Es handelt sich dabei um Autor*innen mit Migrations-Hintergrund. Aus dem Ausland werden überdies auch berühmte Gäste aus der Literatur-Szene erwartet.
Rosinen picken aus vielen Angeboten ist angesagt. Es sei mir erlaubt, aus meiner persönlichen Sicht ein paar „Rosinen“ herauszupicken. Gerne würde ich zum Beispiel mit dem deutsch-schweizerischen Doppelbürger Benedict Wells ein paar Worte wechseln. Seinen Roman „Hard Land“ habe ich kürzlich an dieser Stelle besprochen. Er hat den früheren Erziehungs- und Bildungsroman wieder entdeckt. Was aber hat der junge Autor wirklich zu sagen über die heutige Jugend? Auch dem Hype, der zurzeit rund um den Nachwuchs-Autor entsteht, würde ich liebend gerne etwas auf den Grund gehen. Ja und dann natürlich Thomas Meyer! So spannend und humorvoll wie er vermag in unserem Land keine(r) zu schreiben! „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“, sein verfilmter Roman spielt teilweise in Israel, in einem Land, das ich mehrmals besucht habe und das mich jedes Mal aufs Neue fasziniert. Thomas Meyers Romane haben Tausende wieder zum Lesen verführt.
Von Spoken Word bis zu Theaterstücken ist an den Solothurner Literaturtagen so ziemlich alles vertreten. Pedro Lenz als „Spoken Word Artist“ erleben – diesen Ohrenschmaus sollten sich besonders auch jene nicht entgehen lassen, die mit seitenstarken Wälzern so ihre liebe Mühe haben. Tatsächlich ist der Oltener Pedro Lenz einer, der seine Talente äusserst vielfältig präsentiert, auch als Poet, Romanautor und vor allem als „Switcher“ zwischen Mundart und Hochsprache. Für alle, die ein Flair fürs Theater haben, empfehle ich gerne die studierte Germanistin Martina Clavadetscher, bekannt als Hausautorin am Luzerner Theater. Sie ist aber auch Dramatikerin und Radio-Literaturexpertin. Ja, das wär was! Ein Literatur-Talk zusammen mit meiner Radio-Kollegin Martina.
Bücher schreiben ist das höchste der Gefühle. Wie sonst ist es zu erklären, dass fast jede(r) Promi in der Schweiz früher oder später ein eigenes Buch schreibt, bzw. schreiben lässt? Alle kennen wir zum Beispiel Endo Anaconda. Seit 30 Jahren ist er der Kopf und das Herz der Berner Mundart-Band „Stiller Haas“. Er macht jedoch nicht bloss Musik, er schreibt auch Bücher. Oder wer es gerne etwas theoretisch mag: Die Literaturkritikerin und Moderatorin Elke Heidenreich sorgt bestimmt für eine mehr oder weniger ausgewogene Wertung und Kritik des Dargebotenen. Selber ist die Heidenreich durchaus auch schriftstellerisch tätig. Sie schreibt Erzählungen, Kinderbücher und ist sogar Herausgeberin von Opern-Literatur!
Branchengespräche gehören nun mal zu jedem Literatur-Event von Format. In den Branchengesprächen werden aktuelle Fragen und Themen der diversen Autor*innen der Buchbranche diskutiert. „Forschung und Kunst“ ist die eine Branche, „Literaturkritik“ ist die andere Branche, die an den Solothurner Literaturtagen zum Zuge kommt. Besonders die Sache mit der „Literaturkritik“ haben bei uns nicht alle so richtig verstanden. Nicht selten werden Literaturkritiker mit Drohungen und sogar mit persönlichen Attacken eingedeckt, wenn sie sich erlauben, dieses oder jenes auch mal negativ zu kritisieren. Was ist der Sinn der Literaturkritik? Und wer sollte diese Aufgabe übernehmen? Ist Literaturkritik eine Kunst? Und welchen Interessen der verschiedenen Akteure (Autor*innen, Buchhändler*innen, Verlage etc.) dient sie? Bei diesem wichtigen Branchengespräch diskutieren Manu Hofstätter (Bloggerin), Erwin Kuenzli (Verleger), Anne Pitteloud (Journalistin, Autorin) und Tabea Steiner (Autorin, mit ihrem Roman „Balg“ auf der Shortlist des Schweizer Buchpreises 2019).
Noch bis zum 16. Mai kann man die Literat*innen mit etwas Glück per Audio- und Videostream begutachten oder auch zum direkten Gespräch per Zoom einladen.