Die Rosablanche ist ein Berg im Unterwallis, 3336 Meter über Meer. Die Rosablanche ist ein Teil der Bergkette zwischen dem Val de Bagnes im Westen und dem Val d’Hérémence im Osten. Trotz der relativ geringen Höhe ist die Rosablanche umgeben von Gletschern. Für Bergsteiger gilt die Rosablanche im Sommer eher als langweilig. Die Bergwanderer starten ihre Tour bei der Staumauer der Grande Dixence und steigen dann auf der Normalroute zur Rosablanche hoch. Besonders im Frühjahr suchen viele Touren-Skifahrer die Rosablanche auf, weil der Aufstieg mit vielen flotten Abfahrten belohnt wird.
In der Erzählung „Rosablanche“ von Matias Jolliet lässt ein Mann alles hinter sich, um in der Einsamkeit der Walliser Berge zu sich selbst zu finden. Nicht jedem, der die Berge lediglich als Tourist besteigt, gelingt dieser Akt der Selbstfindung. Wer jedoch gerne alleine die Berge erklimmt, wer zudem mit einem Hang zum Übersinnlichen ausgestattet ist, dem mag es vergönnt sein, in der Bergwelt zu sich selbst zu finden. Dies bedingt allerdings, dass man die Berge nicht bloss mit den Beinen durchwandert, sondern auch mit dem Herzen:
Den Berg durchwandern am Tag und in der Nacht, in der Hitze des Sommers und in der Kälte des Winters, unter der brennenden Sonne oder inmitten eines Schneesturms.
Aus „Rosablanche“ von Matias Jolliet, S. 35
Der Erzähler im 98-seitigen Bändchen „Rosablanche“ weiss, dass die alpinen Gegenden, weit entfernt von der zivilisierten Welt, von seltsamen und unbegreiflichen Stimmen und Präsenzen bevölkert sind. Derartige Erzählpassagen mögen für manche Leserinnen und Leser etwas gar schwärmerisch und abgehoben konstruiert sein. Zweifellos kann die Bergwelt erholsam sein und bei gewissen Leiden und Krankheiten vielleicht sogar wie eine Medizin wirken. Wer jedoch in der Bergwelt glaubt Stimmen zu hören oder seltsame Wesen zu erkennen, der verliert sowohl als Berggänger als auch als Autor die Bodenhaftung. Wer in der Bergwelt mehr zu sehen imstande ist als lediglich einen Freizeit-Park im Hochgebirge, der ist mit „Rosablanche“ gut bedient.
Matias Jolliet, geboren 1978, ist in Lausanne aufgewachsen. Seit seinem Abschluss an der Lausanner Kunsthochschule ECAL im Fach „Visuelle Kommunikation“ arbeitet er hauptberuflich als Grafikdesigner. „Rosablanche“ ist sein erstes Buch, herausgegeben als Erzählung mit 98 Seiten und erschienen in der edition bücherlese.
Text, Foto und Radiosendung: Kurt Schnidrig