Die Berner Autorin Anaïs Meier war kürzlich auch im Oberwallis auf Lesetour. Ihre Werke zeichnen sich dadurch aus, dass sie irgendwie „komisch“ rüberkommen. Synonyme für „komisch“ sind „merkwürdig“ oder „witzig“. Das Komische lässt sich bereits an ihren Buchtiteln festmachen. Da ist einmal der Kurzgeschichten-Band „Über Berge, Menschen und insbesondere Bergschnecken“. Ihr Debütroman trägt den Titel „Mit einem Fuss draussen“.
Den „Förderpreis für Komische Literatur“ hat sie auf Vermittlung des Oberbürgermeisters von Kassel, Christian Geselle von der SPD, verliehen bekommen. Dieser hatte veranlasst, dass eine Stiftung in Deutschland einen „Förderpreis für Komische Literatur“ ausgelobt hat. Dass nun ausgerechnet die Schweizerin Anaïs Meier mit dem Förderpreis für Komische Literatur bedacht wurde, hat wohl mit ihrem komischen Erstlings-Roman zu tun.
„Mit einem Fuss draussen“ – dies der Titel ihres Debütromans. Darin sorgt eine äusserst eigenwillige (komische) Erzählerfigur für Ruhe und Ordnung in einem Stadtpark. Es handelt sich dabei um den Kommissär Gerhard. Der Kommissär fühlt sich eines Tages in seinem Park gestört durch einen Fuss. Der schrullige und eigenwillige Kommissär ist es sich gewohnt, jeden Morgen und jeden Abend am Ufer eines kleinen Sees im Park den „Flamingo“ zu machen. Gemeint ist mit dem „Flamingo“ eine eigenwillige Turnübung, bei der man versucht, Kontakte zum Universum herzustellen. Präzis bei einer dieser „Flamingo“-Übungen sieht Kommissär Gerhard einen Fuss aus dem Wasser des Sees ragen. Als Gesetzeshüter sieht sich Kommissär Gerhard bemüssigt, diesen Kriminalfall – so es sich denn tatsächlich um ein Verbrechen handelt – zu lösen. Als Lesende können wir uns nicht wirklich sicher sein, wer in der Romanstory nun tatsächlich spricht. Ist es der Kommissär? Oder ist es der Fuss im Wasser? Oder sind es vielleicht gar beide zusammen, der Kommissär und der Fuss im Wasser?
„Ich atme in den Schilfbast und hoffe, dass sie mich nicht sehen. Haben sie aber. Hier, im hinteren Bast des Sees. Jetzt werden sie mich herausholen, aber vorher werden sie noch ihre Gummihosen anziehen müssen, weil sie ohne nicht Mumm genug sind. Wie ich hierher gekommen bin, in der nassen Erde liegend, ganz kalt im Bauch. Ist alles die Schuld vom Fuss, der im See ist. Es ist mein Selbstverständnis, ihn herauszuholen. Um ihn zu untersuchen, woher er kommt und wohin er will.“
Aus „Mit einem Fuss draussen“ von Anaïs Meier
Ein tieferer Sinn ist in Meiers Roman durchaus auch zu erkennen. Die Autorin möchte den Blick schärfen für alle die „komischen“ Figuren, für die Ausgesteuerten, die am Rande ihrer Existenz leben. Wir treffen auf Fischer, die sich als Biertrinker hervortun, wir treffen auf eine bekiffte Jugendgang, auf Hundehalterinnen, die nachtwandeln, auf schmierige Lokalreporter und auf die Parkwächterin Blüehler, die komischerweise überhaupt nicht so „schlimm“ ist, wie es zu Beginn den Anschein macht.
Der Park ist der Mikrokosmos, in dem sich die Ausgesteuerten bewegen, aber der Park ist ihre Welt. Der Roman „Mit einem Fuss draussen“ spart nicht mit schrägen Einfällen und auch nicht mit absurden Kehrtwenden. Haben wir als Lesende eben noch gelacht, begegnen wir nur ein paar wenige Seiten später dem blanken Horror. Echt komisch halt, der Roman von Anaïs Meier.
Text, Bild und Radiosendung: Kurt Schnidrig