Gibt es ein Leben nach dem Berufsleben? Der Roman „Vor mir wird es Morgen“ von Kathrin Burger gibt Antworten auf Fragen, die sich jede und jeder von uns stellt, wenn wir älter werden. Alle, die im Pensionsalter sind, müssen mit dieser neuen Lebensphase zurechtkommen: Plötzlich hat man viel Zeit, wenig vorgegebene Strukturen, mehr Freiheit, weniger Zukunft, dafür aber mehr Erinnerungen.
Kathrin Burger blickt in ihrem poetischen Roman auf ein gelebtes Leben zurück, sie tut dies nicht einmal besonders psychologisierend, auch nicht chronologisch, sie schwelgt ganz einfach in Erinnerungen. Das Schreiben von Biographien und Memoiren ist heutzutage angesagt, Kathrin Burger jedoch hat ihre autobiographischen Erinnerungen hat sie in einen poetischen Roman verpackt. Im Buch „Vor mir wird es Morgen“ sind es Empfindungen und Gefühle, die Erinnerungen auslösen. Dies kann geschehen beim allmorgendlichen Blick aus dem Fenster, da beobachtet die Ich-Erzählerin die Aussenwelt: Den Garten, das Licht, die Veränderungen, welche die Jahreszeiten mit sich bringen.
Was die Autorin wahrnimmt, fasst sie in eine Sprache, die auch bei uns Lesenden unterschiedliche Bilder und Töne wachruft. Es sind dies Bilder und Töne, die wiederum Stimmungen in uns aufkommen lassen, die bis hin zu körperlichen, physischen Empfindungen reichen. Derart gestimmt, tauchen beim Leser oder der Leserin ebenfalls Erinnerungen auf. Die Erinnerungen der Autorin evozieren Erinnerungen bei uns Lesenden.
Beseelte Erinnerungen hat die Autorin in ihrem Buch aus der Vergangenheit in die Gegenwart geholt. Sie haben etwas Atmosphärisches, vielleicht auch etwas Magisches. Es sind vor allem Erinnerungen an die Kindheit, die dabei hochkommen, Erinnerungen auch an die Studienjahre, an die Berufszeit oder an die weitere berufliche Entwicklung.
„Es ist nur so, dass sich mein altes Leben gerade aus dem Staub macht. Es schleicht sich einfach davon. Das Ansehen, das Aussehen, das Auftreten. Alles nicht mehr wichtig, alles nicht mehr gefragt.“
Kathrin Burger in: „Vor mir wird es Morgen“
Das Frühere blättert ab wie alter Verputz. Das Buch fängt etwas melancholisch im Herbst an, und es endet optimistisch im Hochsommer. Eine aufstellende und mutmachende Lektüre für all jene, die mit der Zeit nach dem Berufsleben und ganz allgemein mit dem Älterwerden ihre liebe Mühe haben.