„Wir Walser“: Geschichten, Sagen und Wandervorschläge aus den Walserorten

Immer Mitte August findet in der Kapelle auf dem Burgspitz bei Ried-Brig die Walsermesse statt, umrahmt vom Jodlerklub Zer Tafernu. (Bild: Kurt Schnidrig)

Herbstzeit ist Wanderzeit. Kürzlich konnte die Eröffnung des Walserwegs Gottardo gefeiert werden. Dazu ist auch ein illustratives Buch erschienen, ein idealer Wegbegleiter.

In 14 Etappen führt der Walserweg von Binn im Goms nach Obersaxen in der Surselva. Der Walserweg verbindet die Walsersiedlungen im italienischen Pomatt mit jenen im Tessin. Wer den Walserweg unter seine Füsse nimmt, der kann einzigartige Landschaften mit einer reichen Siedlungsgeschichte erwandern.

Verfasst hat das Wanderbuch der Wanderbegleiter Peter Krebs. Darin ist zum Beispiel nachzulesen, dass der Walserweg Gottardo mehr als 200 Kilometer lang ist. Zuweilen gestaltet sich die Wanderung recht anstrengend, immer aber ist mit erfreulichen Überraschungen zu rechnen.

Der Walserweg nimmt nicht immer die Diretissima. Das hängt auch damit zusammen, dass der Weg zu den verschiedenen Walserorten hin führt. Der Walserweg folgt den Spuren der Auswanderer und Kolonisten, die im Mittelalter das Wallis verlassen hatten um anderswo die „Höhinen“ zu besiedeln.

Auf der Wanderung gilt das Interesse auch der Geschichte und der Kultur. Gleichzeitig lässt sich auf der reizvollen und genussvollen Wanderung aber auch viel Erfreuliches erleben. Dazu gehört abends jeweils auch ein feines Essen nach Walser Art in einer angenehmen rustikalen Unterkunft. All dies findet man übersichtlich zusammengetragen im Wanderbuch „Gottardo“.

Die Halbjahresschrift „Wir Walser“, herausgegeben von der Walservereinigung, informiert jeweils über Brauchtum, Sagen, Legenden und vieles mehr. In der aktuellen Ausgabe ist beispielsweise die „Sage von der Leetscher Glogga“ nachzulesen. Die älteste Glocke im Kirchturm von Lauterbrunnen heisst „Lötscherglocke“.

Aber wie ist die Leetscherglogga nach Lauterbrunnen gelangt? Die Lötschentaler:innen erzählen, dass die Leute aus Lauterbrunnen die Glocke gestohlen und über die Berge getragen hätten. Während eines Sommers, als die Lötschentaler Dörfer verlassen waren, weil die Lötscher den Berg-Hewwet besorgten, hätten die Lauterbrunner sich erfrecht, die Lötscherglocke zu stibitzen. Doch diese Erzählung entspricht nicht der Wahrheit.

Was die heutigen Lötschentaler:innen anscheinend nicht zu wissen scheinen: Die Bewohner vom Lauterbrunnental stammen grösstenteils von den Lötschentalern ab. Diese sind nämlich im 13. Jahrhundert von den Freiherren von Turn ins Lauterbrunnental verpflanzt worden. Als man dann in Lauterbrunnen eine Kirche erbaut hatte, da haben die Lötschentaler wahrscheinlich freiwillig einen Beitrag an die Glocke geleistet. Deshalb heisst sie nun auch Leetscherglogga.

Derartige Geschichten sind überall dort überliefert, wo sich die Walser, die ausgewanderten Walliser, niedergelassen haben.

Hören Sie dazu den Podcast aus der Sendung Literaturwelle von Radio Rottu Oberwallis. (Quelle: rro / Joel Bieler / Kurt Schnidrig)

Text, Bild und Radiosendung: Kurt Schnidrig